Sonntag, 24. November 2013

Imperialismus 2.0 - Methoden der IT-Technologie sind die modernen Waffen im Kampf um Weltmacht

Die bislang noch verstreuten Informationsfragmente zur Abhöraffaire fügen sich allmählich zu einem hässlichen Bild. Wer bislang glaubte, dass Kritik an der Arbeitsweise der NSA überzogen sei, weil es schließlich darum gehe, Menschen gegen das Böse in der Welt zu beschützen, wird nach Veröffentlichung eines als 'Top Secret' eingestuften Strategiekonzepten der NSA seine Ansichten überprüfen müssen. Die seriöse Tageszeitung 'The New York Times' legt am 22.11.2013 einen streng geheimen Vier-Jahres-Plan der NSA aus dem Fundus von Edward Snowden offen. Unmittelbar darauf publizieren und kommentieren deutsche Medien diese Informationen, die eine 'Hidden Agenda' (geheime Absichten/Ziele) in wünschenswerter Klarheit transparent macht. Auf Basis komplexer IT-Technologie geht es um nicht weniger als um Absicherung und Verstärkung einer globalen Hegemonie der USA. Hegemoniale Bestrebungen sind natürlich primär ökonomisch motiviert, was jedoch nicht offen ausgesprochen werden darf, um Klienten nicht abzuschrecken, ohne die es kein Machtgefüge gäbe. Die Orchestrierung kultureller, technologischer und politischer Instrumente dient daher zugleich der Durchsetzung, wie der Tarnung hegemonialer Strategien. Aus dieser Perspektive schrumpft Terrorbekämpfung zu einem Nebenschauplatz mit Alibifunktion.

Die NSA hat vermutlich bisher weltweit 50.000 Netzwerke mit Schadsoftware (Malware) infiltriert und beklagt, dass Rechtssprechung, Politik und administrative Behörden noch nicht mit ihrer Arbeitsweise Schritt halten, weshalb Anpassungen notwendig seien. Die NSA möchte nämlich ihre Aktivitäten und Kompetenzen deutlich ausweiten und ihre Produkte als hochwertige Dienstleistungen vermarkten. Dienstleistungsangebote der NSA orientieren sich nicht an prinzipiell menschlichen Bedürfnissen, wie sie etwa als Menschenrechte deklariert werden, sondern sie richten sich an Institutionen wirtschaftlicher und politischer Macht in den USA. Wirtschaftsspionage und geheime Abhörmethoden werden unter solchen Bedingungen zu Selbstverständlichkeiten.

Die NSA ist kein Selbsthilfeverein, sondern eine (inzwischen nur teil-) geheime politische Institution, die aus dem politischen Haushaltsetat der USA mit Finanzmitteln in gewaltigen Größenordnungen gefördert wird und mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet ist. Es darf und muss unterstellt werden, dass die NSA ein Instrument amerikanischer Politik ist. Verständlich, dass die Veröffentlichung geheimer Dokumente durch Edward Snowden für die USA ein Super-GAU ist.

Das Strategie-Dokument kommentiert Zeit Online unter der Überschrift "Die NSA warnt vor sich selbst". "Die Politik sollte die geheime Leitlinie alarmieren", schreibt Zeit Online. Der Konjunktiv ist berechtigt, denn es zeichnet sich nicht ab, dass die Veröffentlichung des Dokumentes Wirkung in der Politik auslösen wird. Bis sich die bislang zaghaften Reaktionen europäischer Spitzenpolitiker (mit Ausnahme Großbritanniens) einordnen lassen, wird vermutlich noch etwas Zeit verstreichen. Spannend bleibt die Frage, ob und ggf. wie Kanzlerin Merkel und politisch relevante Befürworter eines vermeintlich alternativlosen transatlantischen Bündnisses mit der USA auf die jüngsten Enthüllungen reagieren werden. Falls Stellungnahmen abgegeben werden (was eher zweifelhaft ist), dürfen wir Verharmlosung und Schönreden der jüngsten Informationen erwarten. Alles andere wäre eine große Überraschung und ein Eklat aus Sicht der USA.

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